„Wir müssen verstehen, dass die durch den Krieg bedingten Ernteausfälle in der Ukraine für Millionen Menschen weltweit den Hungertod bedeuten. Vor diesem Hintergrund sind aktuelle Kürzungen im Haushalt des Bundesentwicklungsministeriums von Svenja Schulze (SPD) nicht hinnehmbar“, lautete das Fazit des Bundestagsabgeordneten Dr. Stefan Nacke bei einem von ihm initiierten Fachgespräch am vergangenen Donnerstag.

Im Rahmen der Videokonferenz analysierten Fachkundige die aktuellen Problemlagen. Prof. Dr. Conrad Schetter, Research Director des Bonn International Center for Conversion (BICC), machte angesichts der russischen Belagerung von ukrainischen Städten deutlich, dass Nahrung auch als Waffe eingesetzt werde. Er kritisierte die Rolle Chinas, das in den letzten Monaten durch den Kauf großer Getreidemengen bereits zu einem angespannten Weltmarkt beigetragen habe. Nun könnten weltweit bis zu 50 Millionen Menschen durch die Folgen des Ukraine-Krieges von Hunger bedroht sein. Der Friedens- und Konfliktforscher appellierte für eine bessere Unterstützung Afrikas, damit der Kontinent langfristig unabhängiger von Lebensmittel-Importen werde.

Judith Wüllhorst, Leiterin der Fachstelle Weltkirche im Bistum Münster, warnte vor den Auswirkungen der ukrainischen Ernteausfälle auf das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP).  Sie beschrieb die dramatische Lage für viele Länder des globalen Südens, in denen sich beispielsweise die Getreidepreise verdreifacht haben. Durch die Folgen der Corona-Pandemie und des Klimawandels – wie immer größer werdende  Heuschreckenplagen und Dürreperioden – führe der Ukraine-Krieg nun zur maximalen Katastrophe, unter der große Teile der Bevölkerung vor allem afrikanischer Staaten litten.

Maria Sharko, selbst Ukrainerin und Mitarbeiterin der Fachstelle Weltkirche des Bistums Münster, bereicherte die Veranstaltung nicht nur durch ihre fachliche Einschätzung, sondern auch die Schilderung ihrer persönlichen Eindrücke der aktuellen Lage im Land.

In der sich anschließenden Diskussion ging der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Nacke auf einen  Antrag seiner Fraktion ein, dessen Ziel es ist, die Nahrungsmittelversorgung in der Welt sicherzustellen sowie die europäische und deutsche Landwirtschaft krisenfest zu gestalten. Dieser wurde am Tag der Veranstaltung im Bundestag diskutiert.

Im Laufe des Gesprächs wurde deutlich, dass etwa in neuen, modernen Züchtungsmethoden in der Landwirtschaft angesichts von Krisen und Klimawandel große Potenziale liegen könnten. Die Teilnehmenden der Diskussionsrunde stimmten auch überein, dass ein niedrigerer Fleischkonsum in Europa ein weiterer Baustein bei der Bewältigung globaler Hungersnöte und der Bekämpfung des Klimawandels sei.

Stefan Nacke kritisierte angesichts der alarmierenden Befunde der Expert:innen die drastischen Kürzungen im Etat des von Svenja Schulze (SPD) geführten Bundesentwicklungsministeriums. Gegenüber ihrem Vorgänger Gerd Müller (CSU) sei eine Reduktion des deutschen Beitrags für das Welternährungsprogramm von rund 50 Prozent vorgesehen, ebenso sollen die Mittel für die Sonderinitiative „Eine Welt ohne Hunger“ um rund 60 Millionen Euro gekürzt werden. „Angesichts der aktuellen Krise und gestiegener Getreidepreise müssen wir größere Anstrengungen gegen den Hunger unternehmen und dürfen keine Gelder kürzen“, so Nacke.